Ein großer rot grüner Tempel steht im Zentrum des Bildes. Eine Treppe führt zu diesem herauf. Der Himmel ist strahlend blau ohne Wolken.

A foreign Home away from Home

Theresa DeckerErlebnis, 2025 Leave a Comment

A foreign Home away from Home

Image
,
17. Januar 2025

Aufbruch in die Fremde

Von der Kleinstadt in den Trubel

Die Nervosität packt mich. Es ist mein erster Flug alleine und dazu auch noch in ein so weit entferntes Land. Tausend Gedanken gehen mir durch den Kopf, während ich trotzdem versuche alle nächsten Schritte im Kopf zu behalten. In wenigen Stunden ist es so weit und ich setze Fuß in Südkorea, dem Land, das mich seit Beginn meines Studiums und darüber hinaus schon lange nicht mehr loslässt. Mein Auslandssemester kann losgehen.

In gewisser Weise fühlt es sich an, als würde ich zu einem langen Urlaub aufbrechen, schließlich ist dies mein einziger Vergleichspunkt. Nur habe ich dieses Mal weitaus mehr Gepäck bei mir.

Doch dieser Aufenthalt ist kein Urlaub. Die nächsten Monate werde ich hier leben und bei meiner Abreise feststellen müssen, dass ich schon wieder ein - jetzt neues - Zuhause verlassen muss. Doch erstmal von Anfang an.

Alles neu

Meine ersten Wochen in der neuen Umgebung sind spannend und ein wenig angsteinflößend zugleich. Südkoreas Hauptstadt Seoul ist vollgepackt mit Menschen und überall gibt es so viel zu sehen und zu tun. Selbst die selbstverständlichsten Dinge sind mir plötzlich fremd.
Autorin des Blogbeitrages steht auf einer Übergangsbrücke einer Straße und schaut auf den Namsan-Tower. Sie hat schulterlange, braune Haare und trägt ein rot-schwarzes Oberteil an.
Ich teile mein Zimmer im Studentenwohnheim mit einer Chinesin. 15 Quadratmeter und eine Badezimmertür, die nur anzulehnen geht. Meine geliebte Privatsphäre muss ich für die nächsten Monate also erst einmal zurückschrauben. Auch wenn ich das WG-Leben gewohnt bin, stellt mich diese Art des Zusammenlebens auf so engem Raum vor neue Herausforderungen.
Wenn man mit einigen kulturellen Unterschieden konfrontiert ist, von denen man das Ausmaß vorher oft noch nicht richtig erahnen kann, so stellt sich doch recht schnell die Frage, wann die Eingewöhnungsphase vorbei ist. Und tatsächlich musste ich feststellen, dass die Normalität früher einsetzte als angenomen.
Eine breite Treppe führt zwischen grünen Flächen zum Hauptplatz des Campus'. Im Hintergrund sieht man städtische Hochhäuser.
Ein Kirschbaum in rosa Blüte ragt über einer Mauer mit der Aufschrift "Ewha Womans University" hervor.

    Von der Fremde zur Normalität

    Dass mein Aufenthalt wirklich kein Urlaub ist, sondern ich aus einem bestimmten Grund in diesem neuen Land bin, wurde spätestens zum Semesterbeginn deutlich. Nur wenige Tage nach meiner Ankunft sitze ich schon in meiner neuen Universität zusammen mit neuen und mir größtenteils noch unbekannten Kommilitonen. Ab sofort studiere ich an der Ewha Womans University - der größten Frauenuniversität des Landes. Eine von rund 22.000 Student:innen zu sein, ist vorerst wirklich ungewohnt, komme ich schließlich von einer Kleinstadt. Doch zu sehen, wie viel die Frauen an der Universität leisten, erfüllt mich ein wenig mit Stolz.

    Die fremde Lernumgebung ist aufregend und ich bin motiviert, mich auf sie einzulassen. Nur mein Jetlag macht mir noch immer etwas zu schaffen.

    In den nächsten Tagen und Wochen beginne ich langsam eine Routine zu finden. Jeden Morgen um 8 startet mein Tag mit Koreanisch-Unterricht. Uns allen wird schnell bewusst, wie intensiv dieser wirklich ist, was zu regelmäßigen Lerneinheiten in sogenannten Study-Cafés führt. Wöchentliche Tests, Aufsätze und immer neue Vokabeln – man muss dran bleiben.
    Ein Café mit einigen Tischen und Stühlen. Zwei Lampen hängen von der Decke. Ein paar Leute unterhalten sich.
    Eine Straße mit parkenden Autos, einigen Menschen und hohen Gebäuden. Viele rosa Kirschbäume stehen an der Straße.
    Eine Menge an Studenten läuft über den Campus.

      Dieser Umstand, sowie die Verpflichtungen in den anderen Modulen meines Stundenplans, werfen mich sehr schnell in einen neuen Alltag und plötzlich vergehen die Wochen wie im Flug.

      Und mit der Veränderung meines Unialltags wird auch meine Umgebung immer gewohnter. Ich lerne die Gegend um meinen Campus sowie die Stadt immer besser kennen und brauche sogar Navigationsapps seltener. Ich finde Lieblingsgerichte, welche ich vorher noch nie so gegessen habe und weiß, wo es sich gut lernen lässt.

      Hier und da kommt es gelegentlich noch immer zu kleinen Fremdheitserfahrungen. So gerate ich beispielsweise während der Rush-Hour in die U-Bahn und muss mich zwischen hundert andere Körper quetschen oder werde auf der Straße mehrmals von Menschen angesprochen, die sich als Kultanhänger herausstellen. Allerdings lernt man auch diese Dinge einzuordnen und beginnt zu verstehen, dass es hier in der Großstadt mitunter nicht allzu normal ist, von Unbekannten angesprochen zu werden.

      Und so merke ich, wie ich mich in den alltäglichen Situationen immer sicherer fühle – sei es nun vom Benutzen der Verkehrsmittel bis hin zum Bestellen im Restaurant.

      Doch ehe ich mich versehe, stehe ich vor meinen „final exams“ und das Semester neigt sich dem Ende zu.

      Von einem Zuhause ins nächste

      Wieder finde ich mich am Flughafen wieder, dem Punkt, an dem diese unvergessliche Zeit begann. Meine Prüfungen verliefen alle super und die letzten Wochen in Korea konnte ich ohne den Unistress voll und ganz genießen.

      Erst als ich im Flieger sitze, wird mir bewusst, wie viel in den letzten Monaten passiert ist. Ich versuche alle Erlebnisse in meinem Kopf zu ordnen, doch es fällt mir schwer. Eigentlich habe ich mich seit Wochen darauf gefreut in den kommenden Semesterferien wieder neue Orte zu erkunden. Doch als der Fieger abhebt wird mir klar, was für ein großes Kapitel sich jetzt schließt; eines, auf welches ich die ganzen letzten Semester hingearbeitet habe. Nichts von den Erlebnissen, die ich gemacht habe, konnte ich mir so ausmalen.

      Tatsächlich stellte ich mir während meines Auslandsemesters oft die Frage, wie viel ich bereits durch meine gesammelten Erfahrungen gelernt habe und ob diese mich schon verändert haben. Und ich muss sagen, zu diesem Zeitpunkt konnte ich das noch nicht richtig einschätzen. Erst als ich wieder in meiner Heimat war, musste ich feststellen, wie sehr mich mein Aufenthalt geprägt hat.

      Während des Auslandssemesters lernte ich unter Anderem nochmal auf neue Weise, wie viele verschiedene Weltansichten und Perspektiven es doch gibt. Das hat mich von Zeit zu Zeit nachdenken lassen, ob bzw. wie festgefahren man in manchen Aspekten doch ist. Was für die eine Person selbstverständlich ist, muss es keinenfalls auch für eine andere sein.

      Des Weiteren musste ich mich oft Herausforderungen in Form von unangenehmen Situationen stellen, die nicht selten weit außerhalb meiner Komfortzone lagen. Trotz Nervosität oder Angst, gingen all diese Momente vorbei und meist sind die Dinge gar nicht so schlimm, wie man sie sich im Vorhinein ausmalt. Sich dessen bewusst zu werden, ist beruhigend.

      Nicht zuletzt konnte ich feststellen, mit wie wenig man im alltäglichen Leben tatsächlich auskommt. Auf so Vieles, das man anfangs schmerzlich vermisst, kann man verzichten, und trotzdem eine schöne Zeit haben. In diesem Zuge lernte ich plötzlich Dinge zu schätzen, die woanders selbstverständlich für mich waren.

      Ich sitze im Flugzeug und plötzlich macht sich in mir eine Art Heimweh breit. Aber nicht nach Deutschland, sondern dem Zuhause meiner letzten 4 Monate - nach Seoul.

      Schreibe einen Kommentar

      Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert