ein meer aus blau, grau und nadelstreifen
Als junger Mensch zwischen Graukappen und PolitikernIch betrete das glänzende Gebäude in Halle und schaue mich um. Ein Meer aus blau, grau und Nadelstreifen. Ich schaue an mir herunter. Ein schwarzes Shirt und eine blaue Anzughose. Mit einem Hemd würde ich in diesem Meer untergehen. Hier bin ich falsch. Oder?
Ich schaue in ihre Gesichter. Viele sind gezeichnet von Stress. Stress und Erfahrungen. Sie alle tragen große Verantwortung. Sie vertreten Gemeinden, Städte oder sogar Bundesländer.
Hinter ihnen stehen Menschen, die sie gewählt haben. Menschen, die glauben, dass sie die Richtigen sind ihre Interessen zu vertreten.
Und sie haben Menschen, die ihnen gegenüberstehen. Menschen, die ihnen gegenüberstehen und ihre Demokratie nicht mehr schützen wollen.
Ich schaue an mir herunter. Ein schwarzes Shirt und eine blaue Anzughose. Mit einem Hemd würde ich in diesem Meer untergehen. Hier bin ich falsch.
Oder?
Was habe ich geleistet, um hier zu stehen? Ich interessiere mich für Politik, habe mich die letzten 6 Jahre ehrenamtlich engagiert. Ich studiere. So wie jeder in diesem Raum es auch getan hat. Ich habe eine Konferenz besucht, um mich gemeinsam mit anderen jungen Menschen über ihre Interessen, Sorgen und Ängste auszutauschen. Und nun stehe ich hier.
Ich schaue an mir herunter. Ein schwarzes Shirt und eine blaue Anzughose. Mit einem Hemd würde ich in diesem Meer untergehen. Hier bin ich falsch.
Oder?
Einige Gesichter sind freundlich und interessiert, andere mustern mich skeptisch. Die skeptischen Blicke werde ich über den ganzen Tag nicht los. Sie scheinen schon geurteilt zu haben, sie scheinen sich so sicher zu wissen, wer ich bin. Einige bestätigen diesen Verdacht in Gesprächen. Junge Menschen können sich nur beschweren. Sie wollen keine Lösungen. Nur meckern, während sie in ihre Bildschirme starren.
Ich schaue an mir herunter. Ein schwarzes Shirt und eine blaue Anzughose. Mit einem Hemd würde ich in diesem Meer untergehen. Hier bin ich falsch.
Oder?
Der Mann, der geladen hat – Er ist eines der freundlichen Gesichter. Er setzt sich zu uns, er will uns hören. Wissen was wir denken. Er schätzt es, dass wir uns die Zeit genommen haben, hier zu sein.
Mein Bauchgefühl ist gut. Es zeigt mir, dass er Dinge verändern will, sich für uns einsetzen will.
Er trägt auch einen blauen Anzug.
Ich schaue an mir herunter. Ein schwarzes Shirt und eine blaue Anzughose. Mit einem Hemd würde ich in diesem Meer untergehen. Hier bin ich falsch.
Oder?
Nein.
© CREDITS
Mareike Hilbert
Bundeskanzleramt/Czybik
Bundesfoto / Bernd Lammel
Kommentare 1
Nein, du bist hier nicht falsch. Ihr seid unsere Zukunft. Also fände ich es schön, wenn „Nadelstreifen“ und „schwarzes T- Shirt“ sich auf Augenhöhe unterhalten, sich zuhören und gemeinsam Lösungen finden, die mutig, realisierbar und zukunftserhaltend sind.