Wie korea mein
zweites zuhause wurde
Von meinem Corona Zimmer
zum Konzertsaal in Südkorea
"once you jim.-in, you can't jim-out."*
Meine Auslandssemester begann nicht erst als ich im Flugzeug nach Südkorea saß. Es begann ganz still vor meinem Computer.
Wir schreiben März 2020: Meine Welt stand still. Ich war zu Hause und lebte in den Tag hinein, obwohl ich eigentlich gerade mit den Vorbereitungen für mein Abitur beginnen sollte. Das eine, was Menschen tun, wenn sie nicht wissen, was sie mit ihren Leben anfangen soll, ist einfach: sie suchen sich ein neues Hobby; eine neue Beschäftigung. Am Anfang der Pandemie dachte ich mir deswegen: „Fang ich doch mal an, Mandarin zu lernen.“ Damit war das Fundament für meine bald aufblühende Faszination Asien gesetzt. Ein weiterer Aspekt, der neben meiner "Sprachlern-Begeisterung" aufkam, war meine neue Leidenschaft TikTok. Man kann über diese App sagen, was man will, aber nur durch sie bin ich da hingekommen, wo ich heute bin. Denn auf ihr entdecke ich schon bald mehrere Künstler aus Asien. Einer dieser Künstler war ein Mitglied einer sehr berühmten K-Pop-Gruppe namens GOT7. Am 21.04.2020 wurde mir dann auf YouTube ein neues MV (Musik-Video) besagter Gruppe vorgeschlagen und es war um mich geschehen.
*Jimin ist ein K-Pop Idol aus dessen Name ein Wortspiel gemacht wurde.
when the digital world becomes reality
Nach zwei Jahren Pandemie und so wenig Liveauftritten, wie man an der eigenen Hand abzählen konnte, war es dann so weit. Ich formte meine Idee in die Wirklichkeit um oder wie es auch im Titel heißt: the digital world becomes reality. Diese Aussage ist für mich mehr als nur ein Titel, es ist eine Vision, die ich erfolgreich verwirklicht habe.
Ich lebte in einer Art Blase, in der ich mir meine eigene kleine Welt aufbaute. Doch die fünf Monate im Ausland haben mich definitiv zu einer selbstbewussteren Person gemacht. Mein Charakter, mein Style, meine Selbstwahrnehmung und auch Selbstschätzung drehte sich um 180° in einem langsamen, aber sicheren Prozess. Ich sag immer zu mir selbst: „K-Pop hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Ich kann aufrichtig behaupten, dass ich diese Person mag.“
Umgeben von dem Ort der Inspiration zu sein, und den Menschen die diese Kunst geschaffen haben, hat mich tief bewegt. Ganz anders, als es hier aus der Ferne je möglich wäre. Ich habe gelernt, dass Musik eine universelle Sprache ist, die Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturen zusammenbringen kann. Fremd habe ich mich nur in den wenigsten Momenten gefühlt. Das lag vor allem daran, dass ich mein Leben so wie ich es für mich davor allein gelebt habe, jetzt mit allen leben kann. Das beste Beispiel, um zu verstehen, was ich meine, ist die Musikauswahl, die in Seoul in öffentlichen Gebäuden gespielt wird. Was in Deutschland größtenteils durch englischsprachigen Titel begleitet ist, wird in Korea vorrangig koreanische Pop oder Hip-Hop Musik gespielt. Also genau, dass was ich sonst nur auf meinen Kopfhörer anmachen kann. Als mir das zum ersten Mal auffiel realisiere ich, dass ich angekommen bin.
Hier gehöre ich hin.
how to be a 외곡인 (wegugin)
Wenn man in eine so homogene Gesellschaft wie der in Südkorea passen und viel wichtiger nicht allzu auffallen will, ist vor allem eins essenziell: Anpassungsfähigkeit. Angefangen von der Art, wie du dich kleidest bis zu hinzu deinem Verhalten. Sobald man die Haustür verlässt, ist man wie auf einer Bühne und muss abliefern. Ganz anders in einem Land wie Deutschland, in dem die meisten Menschen sich einfach nur Wohlfühlen wollen wenn sie rausgehen.
Durch die Verbreitung des Buddhismus in der gesamten koreanischen Kultur ist der Aspekt der Hierarchie in der Gesellschaft von großer Bedeutung. So musste auch ich mich immer an die Sitten und Normen anpassen, damit ich nicht heraussteche. Ein einfaches Beispiel dafür ist die Trinkkultur Koreas bei der die Ältere Person am Tisch einem theoretisch so viel einschenken darf wie sie will. Wenn man auf solche kleinen Details nicht vorbereitet ist in einem Land das so weit von unserem entfernt ist, und das nicht nur geographisch, sondern auch kulturelle oder technologisch ein ganz anderes Bewusstsein hat, dann sollte man sich zweimal überlegen ob man dort ein wegugin (Ausländer) sein will.
sunburned but happy
Eins meiner schönsten Erlebnisse war das Bluespring Festival. Am Ende meiner Reise bekam ich noch einmal die Gelegenheit, den ganzen Trubel, den viele berühmte Persönlichkeiten an einem Ort gleichzeitig auslösen können, zu erleben.
Besonders bei diesem Event fiel es abgesehen von meiner Hautfarbe oder Augenform auf, dass ich nicht von hier war. Das lag daran, dass es eine eher kleine Veranstaltung war die üblicherweise nur Einheimische besuchen würden. Es gab nämlich eine Schlange für internationale Besucher und für Koreanische Besucher. Des Öfteren spürt man in der koreanischen Hauptstadt wie Ausländer von Einheimischen selektiert werden, und hier trat wieder so ein Moment auf. Ein Gefühl von Missbilligung ließ mich kurz erstarren. Doch alles war lediglich einer sprachlichen Barrierefreiheit geschuldet. Das Gefühl, was ich noch kurz zuvor spürte verflüchtigte sich sofort und ich konnte zur Bühne sprinten um das Festival bei 28° unter wolkenfreien Himmel zu genießen. Ein Tag den ich nur durch all die harte Arbeit der Jahre zuvor erleben durfte.
von dresden nach seoul
Dresden ist die Stadt in der ich geboren wurde, Seoul ist die, in die ich gehöre.
Mithilfe von Musik bin ich von einem Ort mit 500 Tausend Einwohnern in einer Metropole mit über 20 Millionen Menschen gelandet.
Es verging nicht ein Tag an dem ich Deutschland nicht nicht vermisst habe. Dadurch, dass ich mich zwei Jahre auf meine Zeit in Fernost vorbereiten konnte und habe, fielen mir die meisten Dinge bereits sehr leicht. Verständnisprobleme gab es nur wenn mein koreanisch nicht mehr ausreichte oder die Einheimischen sich nicht an Englisch heranwagten. Das Gefühl von Heimweh verspürte ich eher in Bezug auf die Menschen, die nicht an meiner Seite waren, als auf den eigentlichen Ort.
Das Auslandssemester war die große Erfüllung meines Traums. Ich hatte die Möglichkeit, eine Kultur zu erleben über die ich zuvor nur gelesen oder gehört hatte. Ich konnte meine Interkulturelle Kompetenz testen, meine Sprachkenntnisse auffrischen und jeden einzelnen Tag unvergessliche Erinnerungen schaffen.
Und dafür bin ich sehr dankbar!
Meine Zeit in Seoul wird für immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben und ich weiß, ich werde bald in meine zweite Heimat zurückkehren.
Während ich dort weilte, habe ich nicht nur von Konzerten viele Fotos & Videos gesammelt, sondern auch von meinem dortigen Leben. Festgehalten habe ich meine Zeit in Fernost mit Hilfe von Vlogs, die mich und meine Freunde und Familie 20 Wochen lang begleitet haben.
Falls ich mit diesem Beitrag dein Interesse ebenfalls wecken konnte, kommst du mit diesem Link auf direkten Wege zu meinem YouTube-Kanal.
다들 감사합니다 (Danke an Alle)
Bild Credit: Jana Fiedler
Video 2 Song: Tiktok