Die Piarists‘ Church (r.) Im Hintergrund der Kirchturm St. Michael.

Wo der Glaube stärker ist als das WLAN

Lea-Sophie RädlerCulture Clash, 2025, Erlebnis, Länder & Sitten Leave a Comment

Wo der Glaube stärker ist als das WLAN

Transsilvanien hautnah
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17. Januar 2025

Zwischen knoblauch und Dracula

UND VIELLEICHT SOGAR GOTT?

 

Meinen ersten Berührungspunkt mit diesem Thema hatte ich beim Einzug in die Dorms, als uns die frohe Botschaft verkündet wurde, das WLAN sei grundsätzlich nur im Hochschulkontext zu gebrauchen. Ja, ganz eindeutig eine Tragödie, jedoch nicht der Anlass für diesen Blogbeitrag. Relevant hierfür war eine meiner ersten Vorlesungen im Auslandssemester im Ramhen meines Studiengangs Global Communication in Business and Culture. Anlässlich dessen habe ich an der UBB in Cluj-Napoca viele unterschiedliche Module wie Cultural Journalism, Multiculturalism and Intercultural Communication, Religion in International Relations, einen Rumänisch-Sprachkurs und History of Transylvania belegt.

An besagtem Tag warteten wir auf die Professorin, welche eh schon 15 Minuten zu spät war. Als sie auf uns zu kam, musterte sie uns mit einem abwertenden Blick und ging einfach weiter. Wir wussten gar nicht, wie wir darauf reagieren sollten, vor allem, weil sie das nun bei jeder Vorlesung machte. Jedoch dachten wir uns schon, dass es wegen unseres Kleidungsstils war. Das hat uns zum Um- und Nachdenken bewegt und mündet nun in diesem Beitrag um Einblicke in meine persönlichen Erfahrungen und den Umgang damit, aber auch in die Bedeutung der Orthodoxie in Rumänien geben.

 

Das Fakultätsgebäude der Faculty of Letters
Die UBB
Faculty of Letters
Die Ubb
Eröffnungsfeier im Hauptgebäude der UBB
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    Tatsächlich sind Situationen, wie oben bereits beschrieben, öfters in dieser Zeit vorgekommen. Um dieses Verhalten besser zu verstehen, benötigt man erst einmal einen kurzen Überblick über die Bedeutung der Orthodoxie in Rumänien. 99% der rumänischen Bevölkerung bekennen sich als Christen. Allein über 86 % gehören der rumänisch-orthodoxen Kirche an. Das sind stattliche Zahlen, wenn man bedenkt, dass sich in Deutschland gerade einmal knapp 50% zum Christentum bekennen, jedoch vermehrt zum katholischen und evangelischen Glauben. Über 40% sind sogar konfessionslos. Rumänien zählt somit zu den religiösesten Ländern in Europa. Das wurde uns täglich überall bewusst. In Cluj allein ist die größte Sehenswürdigkeit die St. Michael Kirche, welche im Bild unten abgebildet ist. Nur eine von sehr vielen Kirchen in der Stadt. Damals hatten wir einen Ausflug nach Brașov unternommen, um Schloss Bran aka Graf Draculas Schloss zu besichtigen. Dabei sind wir durch ländliche Gegenden gefahren. Sehr auffällig dabei waren die vielen Kreuze und Jesus-Figuren an Straßenrändern, teilweise auch sehr groß gehalten. Das wurde intensiver, je weiter man auf’s Land kam. Auch sind mir sehr oft Halsketten mit Kreuz-Anhängern an Menschen aufgefallen.

     

    Warum wir?

    Im weiteren Verlauf unserer Zeit in Rumänien gab es noch weitere Vorfälle in dieser Richtung. So wurden wir oft auf der Straße abwertend angeschaut, wenn wir freizügiger angezogen waren. Jedoch möchte ich klarstellen, dass es keine aufreizende Kleidung wie Hotpants oder ähnliches war, sondern beispielsweise Tanktops. Sogar meine Beine waren stets bedeckt, weil ich unter kurzen Hosen immer Strumpfhosen trug. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir jedoch noch nichts von der starken Religiösität der Rumänen.

     

    Das lag wohl vor allem an der Tatsache, dass wir Hals über Kopf ins Auslandssemester gestartet waren, weil wir kurzfristig das Land samt Kontinent wechseln mussten. Uns blieb also so gut wie keine Vorbereitungszeit. Anfangs war das alles auch eher verletzend und verwirrend, weil wir nicht wussten, was wir falsch gemacht hatten. Nach unserem Brașov Ausflug wurde uns das Problem langsam bewusst und wir haben angefangen, längere und bedeckendere Kleidung zu tragen. Nicht nur um Blicke zu vermeiden, sondern einfach aus Respekt. Glücklicherweise hörten danach auch diese Vorkommnisse auf. Selbst die anfangs erwähnte Professorin hörte auf, uns mit solchen Blicken zu strafen.

    mein Kleidungsstil vorher
    mein Kleidungsstil nachher

     

    Aus dieser Situation habe ich auch Learnigs mitgenommen, welche ich hier weitergeben kann. Zum einen habe ich nun eine vertiefte Kulturelle Sensibilität, vorallem durch die kulturellen bzw. religiösen Unterschiede im Vergleich zu Deutschland. Hier existiert dieses Problem in dieser Form gar nicht. Das zeigt, dass das, was in unserem kulturellen Kontext als normal angesehen wird, in einem anderen als unangemessen gelten kann.

    Zum anderen konnte ich dadurch gut reflektieren, was gut für meine persönliche Entwicklung war. Dadurch konnte ich in Nachhinein Empathie aufbringen. Anfangs waren die Reaktionen zwar verwirrend und verletzend, aber durch Nachforschungen und Beobachtungen entwickelte sich ein besseres Verständnis für die kulturellen Hintergründe im Land. Da ein respektvoller Umgang sehr wichtig ist, war ich bereit mich auf die kulturellen Normen einzulassen und meine Kleidung entsprechend anzupassen. Durch diese Anpassung meines Verhaltens konnte ich eine Brücke zur Akzeptanz schlagen, was zeigt, wie wichtig Flexibilität und wertschätzende Anpassung in interkulturellen Kontexten ist.

     

    ende gut alles gut?

    Zusammenfassend möchte ich mit auf den Weg geben, wie wichtig Respekt, Anpassungsfähigkeit und Lernbereitschaft im Umgang mit kulturellen Unterschieden ist. Dies sind essentielle Fähigkeiten für den Erfolg in interkulturellen Kontexten. Es ist wichtig, nicht vorschnell zu urteilen, sondern die Hintergründe zu erfragen und zu verstehen.

    Des Weiteren kann ich nichtsdestotrotz die UBB für ein Auslandssemester weiterempfehlen. Wenn man nicht wie wir ins kalte Wasser geschmissen wird und sich angemessen im Voraus über die kulturellen Gegebenheiten in Rumänien informieren kann, dann kann man solche Situationen auch durchaus vermeiden. Somit steht einem himmelschreienden Auslandssemester nichts mehr im Weg!

    Und am Ende dieses lehrreichen Auslandssemesters bleibt mir nur noch eines zu sagen: Wer sich in Rumänien nicht anpasst, riskiert vielleicht keinen Pakt mit dem Teufel, aber zumindest ein paar teuflische Blicke.

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    IDracula haben wir übrigens gefunden!

    Quellenangaben:

     

    Kirchen und Ökumene in Rumänien. (2001). World Council Of Churches. https://www.oikoumene.org/de/resources/documents/ecumenical-situation-in-romania

    Tatsachen Über Deutschland. (o. D.). Freie Religionsausübung. https://www.tatsachen-ueber-deutschland.de/de/deutschland-auf-einen-blick/freie-religionsausuebung

    Kehayova, K. (o. D.). Die rumänisch-orthodoxe Kirche. https://www.uni-regensburg.de/assets/philosophie-kunst-geschichte-gesellschaft/geschichte-suedost-osteuropa/rumaenien-moldawien-2014/13_kirche_rum__nisch_buchenau.pdf

     

    Alle Bilder (c) 2024 Lea-Sophie Rädler.

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