Fight Club
26. Mai, ca. 01:00 Uhr:
Es ist dunkel und die Luft ist stickig. Ich stehe mit vielen Menschen auf engem Raum. Alle drängeln sich nach draußen, denn wir werden aus dem Club rausgeworfen, ohne zu wissen, was überhaupt los ist. Die eh schon angespannte Stimmung wird nicht besser, als ich es endlich raus geschafft habe und mir das Blaulicht vom Großaufgebot der Polizei entgegen leuchtet. Ich fühle mich nicht sicher, höre einige Gerüchte über eine Auseinandersetzung mit Waffen, einige reden sogar von Schüssen. Kurz darauf bricht in sichtbarer Nähe auch noch eine Schlägerei aus…
27. MAI, CA. 19:45 UHR:
Eigentlich habe ich nach einer anstrengenden Arbeitswoche einen entspannten Freitagabend geplant. Dann bekomme ich eine Einladung zu einer Party von Clanc, einem guten Freund, den ich beim Skaten kennengelernt habe. Wir sind seitdem oft zusammen auf Feiern gewesen oder haben Fußballspiele von ADO Den Haag besucht, also stand meine Entscheidung recht schnell fest und ich traf mich mit Clanc anstatt es mir mit Netflix gemütlich zu machen…
27. Mai, ca. 22:30:
Clanc und ich kommen am Johan van Veenplein an, einem kleinen, zentral gelegenen Platz in Den Haag. Die Party ist noch in den Anfängen und wir bestellen die ersten Biere an der Bar. Draußen beim Rauchen führen wir Gespräche mit anderen Partybesuchern und lernen dabei Bram kennen, während wir neben dem Club schon eine aufgeheizte Diskussion zwischen circa 15 jungen Männern mitbekommen. Bram, ein 24-jähriger niederländischer Student, erzählt uns, dass er einige der Beteiligten wohl als Mitglieder von nordafrikanischen Clans erkennen kann. Diese ist in Den Haag, vor allem im Hafenviertel, in dessen Nähe wir uns befanden, sehr einflussreich im illegalen Drogenhandel. Dabei meine ich kein Marihuana, welches in den liberalen Niederlanden ja sowieso erlaubt ist, sondern weitaus härtere, vor allem chemische Drogen. Mit den Jungs will man also ungern in Streitigkeiten kommen…
28. Mai, ca. 02:15:
Die Lage hat sich durch die Polizei wieder etwas beruhigt. Ich stehe noch mit Clanc vor dem Club, als Bram wieder zu uns kommt. Er meinte nach einem kurzen Gespräch mit einem freundlichen Polizisten zu uns, dass es sich bei den Verdächtigen tatsächlich um Akteure des Drogenhandels handelt, sie kurz zuvor aus dem Nachtclub rausgeworfen wurden und Mitarbeiter wegen dem anhaltenden Streit draußen schließlich die Polizei alarmiert hat. Weil einige der Streithälse damit drohten, Schuss- und Stichwaffen dabei zu haben, kamen die Polizisten entsprechend ausgestattet. Daraufhin sind die meisten Verdächtigen in unterschiedliche Richtungen weg vom Tatort, was die Einsatzkräfte also zu einer Art Verfolgungsjagd gezwungen hat.
Ironischerweise rauchen wir dabei am gleichen Ort, wo wir uns einige Stunden zuvor kennengelernt haben. Vorhin noch umgeben von vielen anderen, lauter Musik und in direkter Reichweite zu den wohl bewaffneten Tätern. Demnach war die Situation kein Dejavue, denn jetzt ist fast niemand mehr da und man hört nur, wie die Ordnungshüter nacheinander die Türen ihrer SUVs zuschlagen und in den leeren Straßen der Innenstadt Den Haags verschwinden.
Alle, die zu diesem Zeitpunkt noch da sind, haben sich bestimmt genauso gefühlt wie ich: auf der einen Seite munter durch das Adrenalin der Aufregung, aber auf der anderen Seite zugleich müde wegen der Uhrzeit und der gesamten Situation.
Schließlich haben Clanc, Bram und ich uns verabschiedet und wir sind müde in unterschiedliche Richtungen nach Hause geschlendert.
Im Rahmen dieses Blogs bin ich bei meiner Recherche auf ein Nachrichtenartikel gestoßen, der über den Vorfall berichtete und glücklicherweise auch mit viel Medien versehen ist: https://regio15.nl/nieuws/politieonderzoeken/34499/aanhoudingen-na-bedreiging-johan-van-veenplein/ (Video en foto's: Dejan Jeremic en Nick van Mourik)
Der Artikel heißt "Aanhoudingen na bedreiging", das heißt Verhaftungen nach Drohungen. Demnach wurden die Verhafteten laut REGIO15.NL auf Waffen und Drogen kontrolliert, was aber nun genau ein paar Straßen weiter passiert ist oder wer wirklich Waffen oder andere illegale Dinge im Besitz hatte, wurde wohl aus polizeilichen Gründen nicht mit erwähnt.
Leider konnte ich, mit meinen zugegebenermaßen mittlerweile etwas eingerosteten Niederländisch-Kenntnissen, keine andere Internetquelle mit mehr Informationen finden. Dennoch wird mir diese Nacht, vor allem aus meiner eigenen Perspektive, noch ewig in Erinnerung bleiben.
Ich hoffe das ihr meinen Aritkel interessant fandet, schau unbedingt auch mal in die anderen!