One and a half Norwegian
7 vs. Wild
Es macht den Anschein so zu sein, wie bei dem YouTube Erfolgs-Format „7 vs. Wild“, bei dem sieben Kandidaten sieben Tage lang in der kalten und unbarmherzigen Natur Schwedens ums Überleben kämpfen – abseits von Zivilisation und Technik. Der Kandidat im TV scheint länger nichts gegessen zu haben. Mit einem Loch im Magen starrt er hoffnungsvoll auf seine Angel.
Ich kuschel mich bei einem kaltem Bier und der fettigen Pizza immer gemütlicher auf meine Couch. Ich sehe dem Typ zu, wie er abermals aufs Neue den leeren Haken aus dem eisigen Wasser zieht, frierend, erschöpft und zutiefst frustriert. Abermals beiße ich von meiner heißen, vor Fett triefenden Pizza ab, spüle sie mit kaltem Bier runter und erhöhe die Lautstärke meines Fernsehers. Passend zum Zeitpunkt, an dem der Typ im TV sich jammernd über seine kalten und durchnässten Füße beschwert. Mit einem Kälteschaudern erinnere ich mich noch allzu gut an diesen Moment. Denn der Typ im TV bin ich!
6 Monate zuvor...
Aufgeregt schaute ich meinen Liebsten noch mal im Rückspiegel meines Autos hinterher. Es war real, ich fahre nach Norwegen. Von Mittweida aus, brach ich auf meiner 11-tägigen Odyssee nach Alta, Norwegen auf. Hier war für die nächsten 6 Monate mein Zuhause. Norwegen, ein Land, was zwar der westlichen Welt angehöhrt und doch ganz anders ist. Die Schönheit der Natur und die Wichtigkeit des Erhalts jener spielen eine essenzielle Rolle. So wunderschön und doch heimtückisch für jeden, der unvorbereitet die wunderschöne Seite Norwegens kennen lernen möchte. Lagerfeuer im Freien, Fjorde und die Gezeiten der Polarnächte faszinierten mich. Die Welt im Norden so vertraut und doch fremd.
Tage davor - Unbeschwertheit
Ich bin Teil des Lebens im Norden geworden. Meine Freunde und ich sahen und erlebten viel. Ich versuchte immer mehr, mich als Norweger zu fühlen und mich als solcher zu integrieren. Ich fühlte mich mit dem Land, den Menschen und der Natur vertraut und verbunden.
Eines Tages fragte mich Marcus, ein norwegischer Freund, welcher mit mir zusammen im Wohnheim in Alta lebte, eine Frage:
"Möchtest du auf ein Abendteuer mitkommen um dich als Norweger zu beweisen?"
Voller Euphorie stimmte ich zu und ehe ich mich versah, kam der Tag, an dem meine beschwerliche Reise begann.
Tag 1
Reise ins Unbekannte
Tag 2
Die Natur und unser Hunger
Tag 3
Wir und die Zeit
Tag 4
Die Abreise
Ich habe 7 vs. wild gemacht
Mein Bier weiter trinkend auf der Couch liegend, schaltete ich den Fernseher aus und betrachtete meine Erfahrungen retrospektiv. Die Erfahrung, wie schwer eigentlich einfache und banale Dinge sind, fiel mir wieder ein. Mir wurde wieder bewusst, wie dankbar ich für den alltäglichen Luxus bin, eine Dusche zu haben, ein warmes Bett, eine Toilette und den Zugang zu Essen zu jeder Zeit. Bei weiterem schauen der Serie verkniff ich mir besserwisserische Kommentare wie „ist doch alles gar nicht so schwer…“.
Ich lege mein Handy weg, weit weg, ziehe mich warm an und gehe eine Runde im winterlichen Mittweida spazieren.
In meinem Kopf nur ein Gedanke:
Ich habe 7 vs. Wild gemacht!