Paris im Schneechaos
14 Elft Klässler, zwei erwachsenen Begleitpersonen, vier Tage und Paris im größten Schneechaos seit Jahren. So sah 2018 die Projektwoche für meinen Französisch Kurs aus.
Nach einer 20-stündigen, dafür aber preiswerten Fahrt per FlixBus, kamen wir im kalten Paris an und checkten in unsere Hotelzimmer ein. Danach konnten wir schon gleich die romantische Stadt mit ihren imposanten Bauten bestaunen.
Die riesigen Gebäude, wie der Louvre, das Musée d’Orsay und die damals noch unversehrte Kathedrale Notre-Dame de Paris, erweckten in mir das Gefühl von unbeschreiblicher Winzigkeit. Neben diesen riesigen und geschichtsträchtigen Bauwerken fühlte ich mich noch kleiner als mit meinen 1,61 Metern ohnehin schon.
Tourismus in der Kathedrale Notre-Dame de Paris
Es fühlt sich befremdlich, bedrückend aber auch faszinierend an diese großen Gebäude zu betreten und mit den eigenen Füßen in einem Stück Jahrhunderte alte Geschichte zu stehen und Teil davon sein zu können. Links, rechts und über mir befinden sich Gemälde, Schnitzereien, Fresken und prunkvoll gestaltete Fenster.
Zwischen diesen wertvollen und aufwendig gefertigten Handarbeiten wirken die Vielzahl an Touristen, mich eingeschlossen, fehl am Platz. Wie eine Herde Schafe läuft man einmal im Kreis durch die Kathedrale und wird von den Massen mitgezogen und geschoben. Wenn man doch einmal einen Platz gefunden hat, an dem man nicht umgerempelt wird, hält der Lärm und das Blitzlichtgewitter der vielen Kameras einen davon ab die Schönheit des Gebäudes in vollen Zügen genießen zu können.
Metro & Tramway
Als Einheimische des kleinen Mittweidas war für mich schon die Fahrt mit dem Bus nach Paris ein Abenteuer.
Ein noch größeres Abenteuer erwartete mich allerdings in den öffentlichen Verkehrsmitteln Paris. Um Stress und Chaos beim regelmäßigen Ticketkauf zu vermeiden, kauften wir Tickets, mit denen wir die gesamte Woche lang mit verschiedenen Verkehrsmitteln ungebunden durch Paris fahren konnten.
Zum Glück!
Ich mag mir gar nicht vorstellen welch ein Chaos entstanden wäre, wenn ich für jede Einzelfahrt das passende Ticket hätte kaufen müssen. Mit dieser Erleichterung im Gepäck konnte nun also nicht mehr viel schief gehen, oder?
Falsch!
Womit wir nicht gerechnet haben, war komplettes Schneechaos. Und damit meine ich nicht nur ein paar Flocken, sondern eine solche Menge Schnee, dass vorübergehend sogar der Eifelturm gesperrt werden musste. Bei dieser Masse an Schnee und Schneematsch auf den Fußwegen waren wir noch mehr als schon zuvor auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen.
Doch nicht nur wir wollten dem Schnee und der Kälte entkommen, sondern auch halb Paris und seine Touristen. Dies führte zu überfüllten Straßen- und U-Bahnen und einer enormen Hitzeentwicklung in den Bahnen.
Es ist ein beklemmendes Gefühl, in der warmen trockenen Luft dicht an dicht an fremden Menschen zu stehen, wenn einem sonst schon der Stadtbus in Mittweida suspekt ist. Nach einigen Fahrten gewöhnte ich mich allerdings an diese neue Erfahrung und wusste, wie ich mich in solchen Situationen verhalten muss.
Doch die nächste Hürde wartete bereits auf mich – französische Lautsprecherdurchsagen in der Bahn und am Bahnsteig.
Trotz über fünf Jahren Französisch Unterricht sind meine Sprachkenntnisse marginal. Um zu Erkennen, welche Station als nächstes angefahren wird, reichten diese Kenntnisse allemal, unplanmäßige Durchsagen ließen mich aber trotzdem in Panik verfallen.
Schnell lernte ich aber mich in solchen Situationen an die Masse anzupassen und stieg somit zum Beispiel bei technisch-bedingten Zwischenstopps gemeinsam mit den Einheimischen aus der Bahn aus.
Moderne Kunst im Centre Georges-Pompidou
Um sich Fremd zu fühlen, muss Sprache nicht immer präsent sein. Auch Objekte können ein Fremdheitsgefühl auslösen. Dies lernte ich im Centre Georges-Pompidou, als ich eine Vielzahl von Kunstwerken betrachtete.
Ein Kleid aus Fleisch, Kunstinstallationen mit Licht und Glas, ein Pissoirbecken und Gemälde von bekannten Künstlern wie Wassily Kandinsky und Otto Dix. Unter dem Dach des Centre Georges-Pompidou sammelt sich eine überwältigende Menge an Kunst, die auf die unterschiedlichsten Wege interpretiert und wahrgenommen werden kann.
Ich selbst fühlte mich in diesem Gebäude fehl am Platz. Ich habe keinerlei Kenntnisse von Kunst und deren Bedeutung, sondern schaue mir einfach an was für mich schön und interessant aussieht. Doch auch nur einem kurzen Gefühl der Fremdheit habe ich realisiert, dass Kunst für Jeden etwas anderes sein kann. Auch wenn eine andere Person eine tiefe und persönliche Bedeutung in einem Ausstellungsstück erkennt und ich dieses Objekt nur länger inspiziere, weil mir die Farben gefallen, zeigen wir beide der Kunst und ihrem Schaffer Wertschätzung.
Heimwärts
Nach vier Tagen voller Museumsbesuche, Crêpes, Kälte und den klassischen Sehenswürdigkeiten Paris, war es nun Zeit für die Rückkehr nach Mittweida. Doch was nehme ich, außer Souvenirs, mit nachhause?
Ich konnte eine Menge Erfahrungen im Umgang mit dem Fremdheitsgefühl sammeln und weiß somit nun, dass Fremdheit nur temporär ist. Sobald man sich länger mit einer Thematik oder einer neuen Situation befasst, fühlt man sich weniger unsicher und Fremd. Nach dieser Fahrt nach Paris fühle ich mich auch für zukünftige Auslandserfahrungen besser gewappnet. Auch wenn es sich nur um einen kurzen Trip und nicht um ein halbes Jahr Auslandssemester oder vergleichbare Reisen handelt, kann ich behaupten, dass sich jede Auslandserfahrung lohnt.
Bildnachweis: Jana Weigold