Hin und Weg – eine Reise in Rumänien
Aus dem Autoradio dröhnt laut rumänische Musik, während mein alter Opel Berg um Berg erklimmt. Die Straßen wechseln immer mal wieder zwischen befestigt und Schotterpiste, doch bisher kommen wir gut voran zu unserem Ziel.
Nur, was ist eigentlich unser Ziel?
Vergangene Nacht haben wir in einem Hotel, naja eher in einer Pension geschlafen, dafür mussten wir von der Hauptstraße etwa 500 Meter Matschpiste tief in den Wald hinein, um am Ende der Straße festzustellen, dass wir auf einem Bergrücken angekommen waren, von welchem wir einen großartigen Ausblick tief in das Wechselspiel aus Bergen und Tälern hatten. Und nicht nur das war besonders, linker Hand stand ein vollständiger verlassener Hotelkomplex mit Seilbahn, nur noch bewohnt von ein paar wilden Tieren und rechter Hand fanden sich ein paar zweistöckige Häuser, unsere Unterkunft. Verkehrte Welt könnte man denken, doch in Rumänien ist es üblich mit dem Bauen anzufangen, ohne das Geld für den kompletten Bau bereits zu besitzen. Stattdessen wird dann weiter gebaut, wenn wieder Geld da ist oder eben auch nicht.
An diesem Abend gab es für uns nur noch ein paar Kleinigkeiten aus dem Handgepäck, denn rundherum war kein Restaurant zu finden und die Betreibenden waren nach unserer Ankunft fortgefahren. Somit waren wir allein dort, ein weiterer Grund nicht noch einmal loszufahren. Strom und Mobilfunknetz funktionierten übrigens hervorragend, im Allgemeinen haben wir selbst im letzten rumänischen Dorf noch 3G Abdeckung gehabt, da kann sich Deutschland eine Scheibe davon abschneiden.
Mit einem klassischen rumänischen Frühstück wurden wir am nächsten Morgen von den Betreibenden erwartet, das heißt gekochtes Ei mit Spiegelei, mit einem Kanten Brot, Butter, Gurke, Tomate und Marmelade. Ob das jetzt ein klassisch, rumänisches Frühstück ist, wissen wir nicht, aber wir hatten es zumindest oft in dieser Konstellation vor uns stehen. Obwohl nur eine von uns ein leidliches Rumänisch sprach und die Gastgeberin kein Englisch versuchten wir ein Gespräch zu führen, um mehr über sehenswerte Orte in dieser Umgebung herauszufinden. Viele der uns genannten Orte hatten wir schon selbst recherchiert, doch dann schaute sie plötzlich auf den Kalender, als ob sie Weihnachten vergessen hätte und erklärte uns, dass heute in einem Orthodoxen Kloster ein Gottesdienst sein würde, welcher entgegen den katholischen Gottesdiensten, vom Anbeginn des Tages bis zur Dämmerung andauern würden. Wir waren uns schnell über unser Tagesziel einig und so kam es, dass wir unsere Sachen packten und uns auf den Weg in dieses Kloster machten.
Bereits nach einer halben Stunde Fahrt konnten wir auf das Navi verzichten da wir bequem den anderen Fahrzeugen folgen konnten. Ein Missverständniss war quasi ausgeschlossen, denn viele Ziele gab es nicht sofern man der Straße weiter folgte und dafür war der Verkehr einfach zu dicht. Also fuhren wir durch orange-gelb leuchtende Wälder und Hügel bis plötzlich eine Serpentinenstraße linker Hand abging und sich die bunte Blechkarawane ringförmig um den Berg bewegte und ihr Ende im dahinterliegenden Tal fand. In welchem uns ein überraschend großer, gut ausgebauter Parkplatz mit Ticketschalter erwartetete. Im ersten Moment waren wir enttäuscht, hatten wir doch gehofft einen wahren „hidden Spot“ mit einigen Einheimischen entdecken zu können, statt einer Massenabfertigung.
"In der Fremde sind wir selbst fremd und
vermeiden doch alles Bekannte."
Doch ein näherer Blick auf die Autos, ihre Kennzeichen und besonders die Menschen, welche in offensichtlich festlicher Kleidung in das Kloster, irgendwie liegt mir das Wort Tempel als passender auf der Zunge, strömten, zerstreute schnell unsere Befürchtungen. Also reihten wir uns locker in den Strom von Menschen ein und ließen uns Schritt für Schritt durch ein schmales Holztor fließen, welches uns in ein überraschend weitläufiges Areal trug, welches uns beinahe den Atem verschlug.
Umrandet von herbstlich strahlenden Wäldern versammelten sich die Gläubigen im Zentrum des Areals um eine offene Holzkonstruktion, in welcher sich die Priesterinnen befanden und sangen. In Ermangelung angemessener Verhaltensweisen zogen wir uns ersteinmal an den Rand unter ein paar Bäume zurück und tauchten in die fremde Umgebung ein. Und siehe da, wenn man ein Stück so sitzt und einfach nur bedächtig lauscht und beobachtet, dann fühlt es sich auch nicht mehr fremd an.
"Und dann fühlt es sich auch auf einmal nicht mehr fremd an."
"Willkommen am Ziel"