2022, Begegnungen, Erlebnis, Länder & Sitten

Frühe Lehrstunde

Paul Steinbach2022, Begegnungen, Erlebnis, Länder & Sitten Leave a Comment

Frühe Lehrstunde

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31. Januar 2022
San Francisco – enge Straßen, viele Menschen, viele Sprachen, überfüllte Mülltonnen, Lärm, und eine Menge Polizei. Wie der Eindruck verrät, ist hierbei nicht von dem schönen amerikanischen San Francisco die Rede, sondern von einem Stadtteil des spanischen Bilbao.
Das als „Las Cortes“ bekannte Wohngebiet steht für hippen und künstlerischen Flair, ist jedoch an vielen Orten heruntergekommen. Demnach unterscheidet sich das Gebiet stark von den angrenzenden und schönen Stadtteilen Casco Viejo und Abando.
Als meine Reise nach Bilbao bevorstand, träumte ich von einer Wohnunterkunft im schönen, zentralen Stadtteil Abando. Mein erster Eindruck bestätigte, dass der Traum wahr werden könnte: Ein schönes Stadtzentrum, schöne Gebäude mit Balkonen und Verzierungen, und die Unterkunft in nur 900 Metern Ferne. Das Navigationssystem führte durch die Straßen Bilbaos und nach einigen Kurven erreichte ich das Ziel in der Calle Cortes – meine Bleibe für die folgenden Monate.
Innerhalb dieser wenigen Hundertmeter und Kurven verließ ich jedoch Abando und landete in San Francisco, wo die Calle Cortes beginnt. Meine Erwartung in einem schönen Wohnumfeld zu leben, wurde demnach nicht erreicht. Um meine Wohnunterkunft herum befanden sich heruntergekommene, graue Gebäude und eine Schrottdeponie, die mich in den folgenden Monaten früh am Morgen wecken sollte. Das Ergebnis: Ein ungewohntes Wohnmilieu und eine Fremdheitserfahrung, die sich bereits in der ersten Stunde nach Ankunft in Spanien bemerkbar machte.

BEREIT NOCH MEHR ZU ERFAHREN?

An diesem wunderschönen, zentralen Platz der spanischen Großstadt Bilbao setzte mich am 23.01.2021 der Linienbus 2327 samt Gepäck ab – der Startschuss für die ersten Schritte auf neuem Boden, der Startschuss einer Lebensphase in besonderer Region, dem Baskenland.
Das Baskenland ist eine autonome Gemeinschaft im Norden Spaniens und umfasst die Provinzen Bizkaia, Gipuzkoa und Álava. Das sich in der Provinz Álava befindende Vitoria-Gasteiz ist die Hauptstadt des Baskenlandes. Weitere bekannte Städte der autonomen Region sind Donostia – San Sebastián und Bilbao. Bilbao, Hauptstadt der Provinz Bizkaia, stellt dabei die größte Stadt des Baskenlandes dar. Dies bestätigt sich auch in den Einwohnerzahlen: 2019 lebten etwa 350.000 Menschen in der nordspanischen Industriestadt. Mit dem dazugehörigen Ballungsgebiet überschreiten die Zahlen jedoch die eine Millionen-Grenze, wodurch die Stadt zu den größten des gesamten Landes gehört.
Bilbao gehört aufgrund seiner starken Geschichte zu den wirtschaftlich stärksten Regionen in Nordspanien. Aufgrund der industriellen Bedeutung hat sich hier, anders als in den meisten Regionen des Baskenlandes, baskisch nicht als geläufige Sprache durchgesetzt. Zwar beherrschen Erwachsene, vor allem ältere Generationen noch die Fähigkeit, die so besondere und alte Sprache zu sprechen, doch besonders bei jungen Menschen hat sich Spanisch längst durchgesetzt. Demzufolge kommt man in der Großstadt Bilbao häufiger mit der spanischen, als mit der baskischen Kultur in Verbindung.
Nichtsdestotrotz entdeckt man in Bilbo, wie die Stadt im baskischen heißt, zahlreiche Berührungspunkte mit der baskischen Kultur. Somit erhält man an nahezu jeder Ecke die Möglichkeit, die traditionell baskische Speise der Pintxos zu sich zu nehmen. Dabei handelt es sich um einen kleinen Brot-Snack mit verschiedenen Aufstrichen und Beilagen. Restaurants und Bars, sowie zahlreiche weitere, kleine Läden runden einen angenehmen Flair in den baskischen Straßen ab.
Neben diesen Aspekten hat Bilbao dennoch noch viel mehr zu bieten: Das Guggenheim-Museum, das sich an der Brücke Puente La Salve befindet, stellt das Wahrzeichen der Stadt dar. 1997 erbaut, ist es eines von nur sieben Guggenheim-Kunstmuseen in der Welt. Ein beliebter Ort ist zudem der Mont Artxanda, ein Berg, von dem man über die gesamte Stadt und Region blicken kann.
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Befindet man sich in Bilbao, so kommt man ganz bestimmt an einer Sache nicht vorbei: Fußball. Athletic Club de Bilbao, eines der größten und erfolgreichsten Fußballvereine Spaniens, zählt zudem zu den einzigartigsten. Doch warum? Die Löwen, wie sie häufig genannt werden, sind Basken durch und durch: Im Laufe seiner langen Geschichte ist der 1898 gegründete Verein seiner Linie stets treu geblieben und setzt seit jeher nur auf Spieler, die im Baskenland geboren sind. In einer Sportart, die sich stets immer mehr zu einem Geschäft entwickelte, hob sich Athletic Bilbao von der Masse ab und setzt bis heute als einziger Verein auf Spieler der Region, und das mit Erfolg: Mit acht Ligatiteln und zahlreichen Pokalauszeichnungen ist Athletic Bilbao der erfolgreichste Club nach Real Madrid, FC Barcelona und Atletico Madrid. Darüber hinaus erhielt man erst vor wenigen Jahren ein neues großes Stadion: San Mamés. Zwar handelt es sich hierbei um Sport, doch aufgrund der Bedeutung des Vereins für die Stadt und Bevölkerung, zählt es als wesentliches kulturelles Element der Stadt Bilbao.
Nach all diesen Information rund um die nordspanische Großstadt Bilbao schließt sich allmählich der Kreis: In den verschiedenen Stadtbezirken, genannt „Distritos“, gibt es viel zu sehen und zu erleben. Ob die zahlreichen schönen Geschäfte und Sehenswürdigkeiten in Abando, ob die engen Gassen im Altstadtteil Zazpikaleak, oder weitere Attraktionen in anderen Bezirken – Bilbao gab meinen Augen viel zu sehen und bot mir die Möglichkeit, wertvolle Erfahrungen zu sammeln. Selbst der Stadtteil San Francisco, der mich frühzeitig auf den Boden der Tatsachen zurückbrachte, hatte letzten Ende etwas Gutes an sich: Er half dabei, in umgewohntem Milieu, und mit ungewohnten Dingen umzugehen.
Text und Bild: (C) Paul Steinbach

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